Stef Bos ist ein wenig der Außenseiter in der niederländischen Musik. Er tritt in erster
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Linie in Theatern auf. Es wird selten über ihn in den “seriösen Popzeitschriften” und schon
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garnicht in der Boulevardpresse berichtet. Seine Musik hört man nicht auf den
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Popsendern und so bleibt er dem großen Publikum verschlossen. Und doch wird seine
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Musik viel breiter wahrgenommen, als man auf den ersten Blick sieht. Auch unter
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sogenannten “Alternativen” ist der notwendige Respekt für diesen Singer/Songwriter
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vorhanden. Dazu tragen sicher die Texte bei, denn er ist viel mehr Texter als Musiker.
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Kennzeichnend für Stef Bos ist, dass er regelmäßig an besonderen Projekten arbeitet.
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Darüber später mehr. Hierzu jetzt nur eben das aktuellste Beispiel: Der vollständige
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Erlös seiner aktuellsten Single “Engjelushe” und auch die Autorenrechte der Lieder
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Engjelushe, Kazazi und Liria gehen an die Stiftung “Augenprojekt Albanien”. Auf der
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Single gibt es auch eine Live-Aufnahme, bei der drei Russen aus Magnitogorsk mitspielen.
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Vor einiger Zeit erschien “donker en licht” (dunkel und hell).
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Dieses Album und mehr könnt ihr bei der Preisfrage gewinnen, die parallell zu diesem
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Interview läuft (Einsendeschluß 27.September). Das Album erscheint unter dem Titel
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“donker en lig” auch in Südafrika. Das ist an und für sich noch nichts Besonderes, Stef
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hat eine besondere Beziehung zu diesem Land. Wirklich erwähnenswert ist, das er eine
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Bonus CD mit dem Titel “Jy Vir My” mit dazu gibt. “Jy Vir My” enthält 15 Lieder. Zehn
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Lieder davon sind während der Südafrika-Tournee im September/Oktober letzten Jahres
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Live aufgenommen worden. Sechs Lieder sind vorher noch nie erschienen. Später in
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diesem Jahr wird diese CD “separat” auch in den Niederlanden herausgegeben.
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Gut, genug der Einleitung. Wir haben keine mp3’s von Stef Bos. Aber auf der offiziellen
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Website “Niemandsland” von Stef Bos erscheint jeden Monat eine neue Monats-mp3.
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Momentan (September 2003) ist das die Demoversion des Liedes “Maria”. Diese
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Monats mp3’s sind immer besondere Aufnahmen von Stef Bos Liedern oder einmalige
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Aufnahmen (unveröffentlicht). Es ist deshalb die Mühe wert, regelmäßig auf der Website
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vorbeizuschauen. Jetzt wird es aber Zeit, dem Mann einige Fragen zu stellen.
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Erzähl doch mal über das neue Album Dunkel und Hell. Stef: “Ja, wir machen das
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schon eine Zeitlang so. Wir gehen immer zuerst auf Theatertour durch die Niederlande,
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Belgien und Südafrika. Während so einer Tour spielen wir auch sehr viele neue Lieder.
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Erst müssen wir uns mit den neuen Liedern ein bißchen vertraut machen, sie kennenlernen.
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Und nach so einer Tour machen wir dann eine Platte davon. Für mich ist ein Lied wie ein
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Haus. Am Anfang kennst du nur das Wohnzimmer und bedankst dich, dass es das gibt.
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Aber es gibt noch viel mehr Zimmer in diesem Haus. Erstmal ein bißchen umsehen. Ich finde
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es auch angenehmer, so ins Studio zu gehen. Wenn du die Lieder alle gut kennst, kannst
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du dich im Studio auf das Vertiefen konzentrieren. Du kannst dann auch viel einfacher
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etwas damit machen, andere Rythmen, holst die Trommeln raus, siehst was dann
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passiert.
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Ich finde es auch sehr schön, ohne Vorbereitung ins Studio zu gehen und da alles zu
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entwickeln. Aber in den letzten Jahren mache ich das so mit den Touren,
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weil ich es im Moment so angenehmer finde. Du brauchst dann
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auch keinen Produzenten mehr. Wenn du etwas schon 160 mal gespielt hast, kannst du
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nicht zu einem Produzenten sagen, mach du nochmal was Schönes daraus. Das funktioniert
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nicht, dann gibt es Streit.”
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Wir sprechen hier vom Studio, aber das ist nicht Wisseloord oder so? “Nein, stimmt”,
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sagt Bos, “das ist bei mir Zuhause in einer umgebauten Scheune. Mit vor allem viel Licht.
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Ich denke, wir waren ungefähr einen Monat im Studio. Danach bekam ich eine
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Halsentzündung und danach mußten wir auf Tour. Dann habe ich noch während der Tour
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einige Vokale bearbeitet und dann alles im Ganzen gemixt. Alles in allem dauerte das so
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eineinhalb Monate. Aber dieses Mal fand ich es einen sehr schönen Arbeitsprozess. Ich
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denke, ich hatte an dieser Platte am meisten Spaß. Da wo ich wohne, ist es sehr ruhig und
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wir haben wie Gott in Frankreich an der CD gearbeitet. Zwischendurch gemütlich im
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Garten gegessen.
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Ich finde richtige Studios auch gut. Es ist nicht so, dass ich jetzt sage,
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dieses ist die beste Art und Weise. Aber weil wir hier auch wiederholt haben, fanden wir,
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dass wir hier auch aufnehmen konnten. Angenehm entspannt und der Raum hatte eine
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sehr gute Akustik.
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Gibt es eine Art roten Faden in diesem Album? “Na ja, alles einbezogen ist es innerhalb
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von drei Jahren entstanden. Ich habe das Album dunkel und hell genannt, weil für mich die
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Themen, die eine Rolle spielen von dunkel nach hell gehen. Es ist eigentlich eine Art
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Fotoalbum. Also mein Leben ist der sogenannte rote Faden. Aber wenn ich nun sagen
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würde, dass in dem roten Faden viel Struktur ist, dafür ist das Musikerleben doch
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wieder zu chaotisch. Aber es gibt darin ein paar Zeichen der Zeit. Die beschäftigen mich.
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Der Tod von Pim Fortuijn und was in diesem Zusammenhang zum Vorschein
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kam. Aber es gibt auch Lieder über die Liebe und über Menschen, die du verlierst. Und
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der Rest ist eine Reise (eigentlich zwei), die ich durch Albanien gemacht habe und die
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eine Quelle der Inspiration war. Ich habe da unterwegs drei Lieder geschrieben. Die
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erscheinen auch als ein Tryptichon auf der CD. Es wirkte auch ein ganzer Chor aus
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Albanien mit. Das brachte den Menschen Musik, die sie von mir so noch nicht
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gewöhnt sind. Das finde ich übrigens das Schöne an dieser Zeit. Du kannst einfach an
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einem beliebigen Ort in ein Studio eintauchen und du nimmst das Ergebnis auf CD-ROM mit
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nach Hause, um dann weiter daran arbeiten zu können.”
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Bereitest du dich jetzt schon wieder auf die nächste Theatertour vor? Stef:” Nein,
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ich bin mit anderen Dingen beschäftigt. Ich schreibe an einem Buch, das hatte ich schon
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lange vor. Ich habe auch Zeit um mit zwei Anderen in Südafrika an einem Film zu arbeiten.
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Dunkel und hell erscheint dort in Kürze. Dann mache ich so etwas wie eine Promo Tour.
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Zwischendurch bin ich auch noch zwei Tage zu Gast bei Frank Boeijen im Sportstadion in
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Antwerpen. Zusammen mit Boudewijn de Groot, Marco Borsato, Sarah Bettens und einem
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großen Orchester. Dann gehe ich im Februar wieder in die Theater. Dieses Mal, das erste
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Mal, ganz allein. Aber die Tour dauert nicht so lange, drei oder vier Monate. Das sind kleine
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Theater. Im ersten Teil solch eines Auftritts probiere ich dann neue Lieder aus, im zweiten
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Teil dürfen die Besucher sich Lieder wünschen. Das habe ich schon mal in Südafrika so
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gemacht und das ist echt nett. Dann bittet jemand darum, das ich etwas spiele, was ich
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schon zehn Jahre nicht mehr gespielt habe. Dann frage ich mich, wie ging das Lied noch,
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aber oft sind das die schönsten Versionen. Kurz danach (September nächsten Jahres)
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gehe ich wieder mit der Band auf Tour. Oh, ich habe noch etwas vergessen. Im Dezember
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arbeite ich in Guatemala mit Indios zusammen. Durch einen Arzt, der dort arbeitet, habe
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ich zu ihnen Kontakt bekommen. Ich möchte gern mit einem Singer/Songwriter von da die
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Geschichte der Indios erzählen. Das ist genauso wie das albanische Volk eine vergessene
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Gruppe.”
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Du sprachst über einen Film in Südafrika? Das ist noch in einem frühen Stadium.
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Zusammen mit einem südafrikanischen Regisseur und einem belgischen Schauspieler
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bin ich schon ein paar Jahre am raufen und jetzt bin ich natürlich der Trottel.
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Denn ich muß das Drehbuch schreiben. Aber versteh mich nicht verkehrt,
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ich finde das toll und eine enorme Herausorderung.
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Aber uns drängt nichts, wir haben Zeit, mal sehen wie das läuft.
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Wird das dokumentarisch oder ein richtiger Spielfilm? “Ja, ein richtiger Spielfilm. es ist
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auch eine schöne Geschichte, aber da sag ich jetzt nichts zu. In jedem Fall muß ich mich
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darin wiederfinden. Wenn die Menschen aus dem Kino kommen, muß sich ein bißchen in
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ihrem Leben verändert haben. So muß der Film werden. Er darf auch gerne Unterhaltungs-
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wert haben, aber das darf nicht das Hauptziel sein. Denn dann wird es eine Art
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“Costa”, und das mag ich nicht. Ich schreibe das in niederländisch, aber eigentlich wissen
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wir noch nicht genau wie wir das machen. Ich würde es schön finden in verschiedenen
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Sprachen, aber wir wissen noch nicht ob das klug ist. Das müssen wir noch sehen.”
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Das wird also nichts vor 2005? “Nein, bestimmt nicht. Ich versuche das Drehbuch des
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Films dieses Jahr fertig zu schreiben. Und dann brauchen wir sicher ein Jahr Planung und
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Vorbereitung. Ich habe übrigens keine weiteren Ambitionen an Filmen mitzuwirken, aber
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jetzt wo ich die Chance habe an Einem mitzuarbeiten, will ich auch danach mit einem
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glücklichen Gefühl darauf zurückblicken. Also, dann mag ich es lieber,
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wenn es etwas länger dauert, als wenn ich nach einem Schema drehen muss.
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Alles in allem bist du sehr Beschäftigt? Stef: “Sicher, aber ich habe es das letzte halbe
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Jahr ruhig angehen lassen. Und ich habe inzwischen auch gelernt, ein bisschen Freiraum in
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die Touren zu bringen. Früher hatte ich fünf Auftritte am Stück, aber das ist auch
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nicht gut, dann bist du nicht mehr frisch, obwohl die Gefahr bei uns doch nicht so groß ist.
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Sobald es zu routiniert wird, macht einer von der Band etwas Verrücktes und
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wir sind wieder geschärft. Gegenwärtig sind vier Auftritte pro Woche genug und ab und
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zu eine Woche mit drei Auftritten dazwischen.”
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Auf die Frage, ob Stef noch etwas loswerden möchte, sagt er nach einigem
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Nachdenken: “Ja, ich finde es eine enorme Herausforderung, um einmal zu betrachten,
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wie es mit mir und der Musikindustrie weitergeht. Die Musikindustrie ist momentan natürlich
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vollig im Eimer. Und wie du es drehst und wendest, es wird niemals mehr wie vorher.
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Die Mentalität in der Jugend, warum soll ich bezahlen, wenn ich downloaden oder
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kopieren kann. Die drehst du nicht mehr zurück. Ich finde auch, dass das Diebstahl ist,
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aber es ist nun mal so, und du kannst weiter jammern, aber das bringt nichts.
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Ich sehe gerade enorme Möglichkeiten im Internet, übrigens ein phantastisches
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Medium. Sicher in Kombination mit uns, die wir doch überall hinkommen und so unser
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eigenes Vertriebssystem haben. Bei unseren Auftritten kannst du natürlich auch unsere
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CD’s kaufen. Die Herausforderung liegt darin, dass du ein System schaffen mußt (mit
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Extras und so). Die Menschen müssen es so toll finden, dass sie nicht mehr kopieren
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wollen. Außerdem finde ich, das du so eine Band mit dem Publikum zusammen aufbauen
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mußt. Sie sollen in jedem Fall begreifen, das sie dich weiter kaufen müssen. Denn wenn
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wirklich jeder nur kopiert, gibt es ab einem bestimmten Zeitpunkt keinen Bos mehr. Aber
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ich habe in den kommenden Jahren große Pläne. Ich gehe mit viel Spass in die Zukunft,
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um diese Situation zum eigenen Vorteil zu wenden. Als Künstler mußt du da auch viel dran
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arbeiten. Die Musikindustrie ist momentan erstarrt, die wissen nicht mehr was sie tun
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sollen. Und mal ehrlich, die Scheiben, die CD’s sind einfach viel zu teuer. Von mir aus
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könnten sie um ein Drittel billiger sein. Da müssen die Plattenfirmen auch ehrlicher sein.
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Nun gut, ich werde in den nächsten Jahren selber mehr auf diesem Gebiet tun,
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in Kombination mit dem Internet.
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Sehr beschäftigt, voll mit Plänen und.... zwischendurch war auch noch Zeit um die
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zehn Fragen aus der Muzzy-Grabbelkiste zu beantworten.
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1. Welches sind deine niederländischen Lieblingbands?
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The Scene, Ramses Shaffy (ist schon allein eine ganze Band), und ui.....
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2. Wann bist du angefangen mit der Musik?
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Mit vierundzwanzig Jahren habe ich das erste Mal meine Hände auf die Tasten eines
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Klaviers fallen lassen.
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3. Durch wen wurdest du beinflußt?
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Durch all die Musik, die mich rührt. Von Rachmaninow bis Randy Newman, Tom
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Waits, James Taylor, JJ Cale. Texte von L. Nijgh en Rob Chrispijn. Das Chanson betreffend,
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Brel und Ferré natürlich. Shaffy, aber vor allem viele Dichter und Schriftsteller haben mich
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beinflußt. Ich habe in der Musik für mein Empfinden nie wirkliche Vorbilder, Idole gehabt.
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Bin zur Musik als Textschreiber gekommen und habe erst spät Klavier gespielt.
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4. Welcher war jemals dein schlechtester Auftritt?
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Ich denke, vor Jahren in Haarlem. Wir hatten Probleme in der Gruppe und Boudewijn de
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Groot saß auch im Publikum. Ich ließ mich dadurch beinflussen, mit einer schlechten
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Vorstellung als Folge. Jedes Mal, wenn ich jetzt wieder nach Haarlem (Stadsschouwburg)
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komme, muß ich daran denken. Und das macht die Vorstellungen besonders stark für mich.
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5. Was ist jemals dein bester Auftritt gewesen?
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Glücklicherweise habe ich zuviel gute Erinnerungen an Vorstellungen, als eine auszuwählen.
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6. Welche Band/welcher Künstler sollte bei Dir im Vorprogramm auftreten?
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Keine Einzige, ich finde Vorprogramme nicht gut. Die Bands bekommen keine ehrliche
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Chance. Ich möchte das einer Gruppe oder einem Künstler nicht antun. Habe manchmal
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Gäste, aber die bekommen einen Ehrenplatz.
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7. Was ist deine schönste Erfahrung während eines Auftritts?
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Das du dich in der Musik auflöst...vergißt wer du warst und bist.
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8. Vor welchen Fallstricken würdest du neue Bands behüten wollen?
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Laß dich nicht verrückt machen, bleibe ganz dicht bei dir selbst und denke längerfristig.
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Alles was die Mühe wert ist, braucht längere Zeit.
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9. Surfst du regelmäßig im Internet? Wenn ja, was machst du dann?
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Ich surfe gezielt. CD-Shops und Seiten von Sängern/Songwritern
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10. Meine schlechteste Angewohnheit ist.....
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rauchen
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